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Konferenz | 30.9.25 in Berlin

Zusammenhalten! Zusammen handeln!

Dokumentation der Veranstaltung

Am 30.09.2025 versammelten sich knapp 200 Teilnehmer*innen auf dem EUREF-Campus in Berlin zur zweiten großen DGB-Konferenz zum Thema Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und privatisierten Sektor. Unter dem Leitgedanken „Zusammenhalten! Zusammen handeln!“ tauschten sich Beschäftigte und Expert*innen aus, entwickelten gemeinsam Strategien und diskutierten konkrete Lösungsansätze, um den Schutz von Beschäftigten nachhaltig zu stärken.

Handeln statt wegsehen

Die Konferenz begann mit einer eindringlichen Eröffnung durch Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende. Sie erinnerte daran, dass immer noch täglich Menschen im Dienst der Gesellschaft beleidigt, bedroht oder angegriffen werden. Gewalt am Arbeitsplatz trifft nicht nur die direkt Betroffenen: Sie schwächt die Gesundheit, reduziert die Kraft und Motivation der Beschäftigten und untergräbt damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt, der für uns alle wichtig ist.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende rief dazu auf, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen:

„Als Gesellschaft können wir der Gewalt gemeinsam etwas entgegensetzen und eine Antwort auf sie finden. Wir können zusammenhalten – und zusammen handeln!“

Neben den Erfolgen der vergangenen Jahre steht die Initiative vor neuen Herausforderungen. Zur physischen Gewalt kommt zunehmend digitale Gewalt – Beleidigungen, Bedrohungen und gezielter Hass via digitaler Medien. Hannack betonte, wie perfide diese neue Form der Gewalt sei, denn „Solange wir nicht gegen sie geschützt sind, ist sie quasi grenzenlos.“

Um das Ausmaß besser zu verstehen, ließ der DGB begleitend zur Konferenz eine Studie durch das Institut forsa zu digitaler Gewalt im öffentlichen Dienst durchführen. Die Ergebnisse zeigen deutlichen Handlungsbedarf:

  • 38 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben innerhalb der letzten 12 Monate digitale Gewalt im Beruf erlebt – entweder persönlich oder als Zeug*innen von Angriffen.
  • 13 % gaben an, deshalb über einen Jobwechsel nachgedacht zu haben.

Um hier anzusetzen, verkündete sie eine neue Kooperation zwischen DGB und der Organisation HateAid, die künftig eng in den Bereichen Opferhilfe und Gewaltprävention zusammenarbeiten. Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid, ergänzte:

„Wichtig ist, dass Betroffene wissen: Sie sind nicht allein. Mit der Kooperation zwischen dem DGB und HateAid schaffen wir Strukturen, die ihnen Schutz, Beratung und konkrete Handlungsoptionen geben.“

Hilfe bei digitaler Gewalt

HateAid bietet bundesweite und kostenlose Unterstützung.

Wissen teilen und Lösungen entwickeln

Nach einer Keynote von Dr. Gregor Gysi, Mitglied des Deutschen Bundestages – „Initiativen wie diese werden immer wichtiger, weil viele Menschen Vertrauen in die Politik verlieren.“ – wurden die Teilnehmer*innen in den fachlichen Teil der Konferenz eingeführt. Die Rede des Politikers unterstrich, wie dringend praxisnahe Unterstützung, Erfahrungsaustausch und innovative Ansätze sind.

Aufbauend darauf starteten die Teilnehmenden in mehrere Fachforen, in denen es um den Transfer von konkret nutzbarem Wissen ging – von Prävention und Nachsorge über digitale Gewalt bis hin zum Umgang mit physischer Aggression. Ziel war es, wirksame Maßnahmen zu diskutieren, die direkt in den Berufsalltag umgesetzt werden können.

Alle Details und einzelne Präsentationen zu den Fachforen sind hier dokumentiert.

Forum 1 | Konzeption: Auf alle Fälle vorbereitet

Gewaltprävention beginnt mit einem durchdachten Konzept. Das Forum zeigt anhand des Programms „Sicher im Dienst NRW“, wie Organisationen Gefährdungslagen erkennen und strukturiert vorbeugen können. Praktiker geben zudem Einblick, wie sich durch klare Notfallpläne auch der Ernstfall systematisch vorbereiten lässt.

Referent*innen

  • Andre Niewöhner, Polizeidirektor & Leiter der Koordinierungsgruppe von Sicher im Dienst NRW
  • Ronald Mikkeleitis, Leiter des Außendienstes des Bezirksamts Reinickendorf a.D. und Manuela Mikkeleitis, Freie Kommunikationstrainerin

Forum 2 | Prävention: Erprobte Maßnahmen für die Praxis

In Zeiten zunehmender Gewalt gegen Beschäftigte sind wirkungsvolle Schutzstrategien entscheidend. Das Forum stellt ein von der Stadt Köln entwickeltes digitales Verfahren zur strukturierten Nachsorge nach Übergriffen vor. Ergänzend wird mit dem „Stillen Alarm“ ein IT-gestütztes Hilfstool präsentiert, das in Gefahrensituationen eine diskrete und schnelle Alarmierung ermöglicht.

Referent*innen

  • Dolores Burkert, Leiterin des Zentrums für Kriminalprävention und Sicherheit bei der Stadt Köln
  • Daniel Prietz, COO Stiller Alarm Gmbh

Forum 3 | Deeskalation: Ruhig bleiben, wenn's ernst wird

Wie lässt sich in brenzligen Momenten gelassen bleiben? In diesem Forum zeigt ein Trainer für Kommunikation praxisnahe Methoden der Deeskalation, um in kritischen Situationen souverän zu handeln. Der Fokus liegt auf konkreten Techniken für den Alltag im direkten Umgang mit Konflikten.

Referent

  • Marcel Frers, Wirtschaftspsychologe, Trainer für Kommunikation & Teamentwicklung

Forum 4 | Hilfsangebote: (Digitale) Gewalt abschalten

Digitale Gewalt macht auch vor dem öffentlichen Dienst nicht halt. In diesem Forum stellen sich HateAid und der WEISSE RING vor und zeigen, wie sie Betroffene mit rechtlicher Beratung, psychologischer Unterstützung und konkreten Hilfsangeboten stärken. Im Mittelpunkt stehen ihre Erfahrungen, Ansätze und Unterstützungsstrukturen im Umgang mit (digitaler) Gewalt.

Referentinnen

Forum 5 | Nachsorge: Vorfälle wirksam verarbeiten

Gewalterlebnisse hinterlassen oft tiefere Spuren, als auf den ersten Blick erkennbar ist. In diesem Forum zeigen die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und ein Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht, wie Betroffene unterstützt werden können – psychologisch, rechtlich und strukturell. Im Mittelpunkt stehen Nachsorgeangebote, die Fürsorgepflicht von Arbeitgebern und konkrete Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den Folgen von Gewalt.
 

Referent*innen

Impulse für den Arbeitsalltag

Im Anschluss öffnete die Messe „Markt der Möglichkeiten“ ihre Türen. Hier präsentierten sich die Kooperationspartner der Initiative – darunter der WEISSE RING und HateAid – sowie zahlreiche Projekte und Initiativen, die erfolgreich gegen Gewalt im Dienst vorgehen.

Besonderes Interesse galt den Praxisbeispielen von der Präventionskampagne #sicherimdienst, der Kampagne #GewaltAngehen der DGUV und dem Hauptpersonalrat Berlin. Auch Weiterbildungsangebote, etwa zu Deeskalationstrainings oder dem Bildungsangebot des ver.di-Forum Nord und dem Bildungswerk der ver.di, schafften wertvolle Anregungen.

Im Dialog mit Gewerkschafter*innen

Im Format TownTalk Live diskutierten Vertreter*innen der Gewerkschaften EVG, GdP, GEW und ver.di gemeinsam mit dem Publikum unter dem Motto „Sicher im Job: Strategien für morgen“ über aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze.

Die Diskussion gliederte sich in drei spannende Themenblöcke, in denen Missstände, Forderungen und Maßnahmen beleuchtet wurden. Besonders dynamisch wurde es durch die aktive Einbindung des Publikums: Über handygestützte Echtzeitumfragen konnten die Teilnehmer*innen direkt ihre Meinungen einbringen, Fragen stellen und die Diskussion mitgestalten – ein echter Dialog auf Augenhöhe, der die Debatte bereicherte und für viele Aha-Momente sorgte.

Am Ende der Runde waren sich alle einig: Es gibt noch viel zu tun – die Initiative muss weitergehen!

Mutiger Blick in die Zukunft

Zum Abschluss lud die Konferenz zu einem Perspektivwechsel ein: Unter dem Titel „Empathie statt Ego – Braucht unsere Gesellschaft ein Update?“ boten drei Impulsvorträge und lebhafte Diskussionen neue Denkanstöße.

Auf dem Podium trafen sich der Journalist Dr. Hajo Schumacher, die Berliner Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik Meisel, sowie Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Die Referent*innen näherten sich dem Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln – und scheuten den direkten Austausch nicht.

Im Schlusswort ermutigte Anna-Nicole Heinrich das Publikum mit einem eindrucksvollen Appell:

„Wir brauchen keine „Kettensäge“ und keinen „Kahlschlag“, sondern kontinuierliche Erneuerung – ein Update, das Demokratie und Zusammenleben resilient hält. Eine Gesellschaft bleibt nur stark, wenn wir zusammenhalten, zusammen handeln!“

gesamter Impulsvortrag (PDF-Dokument, 112.9 KB)

Die Konferenz 2025 hat gezeigt: Ob physisch oder digital – Gewalt gegen Beschäftigte bleibt eine Herausforderung, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Mit neuen Kooperationen, praktischen Lösungsansätzen und starken Signalen von den Gewerkschaften und der Gesellschaft geht die Initiative entschlossen weiter: Zusammenhalten! Zusammen handeln!

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